Nun denn . . . . heute früh sollte es losgehen.
Nachdem ich am Vorabend noch alles einmal überprüft hatte, Motor, Ölstand, Antriebwellenschmierung, Seewasserdurchfluss, der mir allerdings als zu wenig vorkam, vom Vorbesitzer jedoch beruhhigt wurde, dass der ausreichen sei (hätte ich man nicht auf ihn gehört und den Impeller gewechselt) fragte ich nach Seekarten. Es sollte alles ausreichend vorhanden sein . . . wars aber nicht.
Ein paar uralte Karten, die noch dazu zerfleddert waren - und nicht die geringste Ähnlichkeit mit Seekarten, wie ich sie gewohnt war, hatten (Es waren Touristikkarten mit markierten Sehenswürdigkeiten) installierte ich auf dem Achtersteuerstand noch eine 12 Volt-Steckdose, an die ich meinen Kartenplotter, den ich vorsichthalber mitgebracht hatte, anschließen konnte. Der Kartenplotter verfügt über eine integrierte Antenne und so war die Nutzung kein Problem.
Da habe ich jedoch zum ersten Male bemerkt, dass der Vorbesitzer ein “Sabbelheini” war. Viel Gerede, immer das gleiche - aber kaum zu gebrauchen. Seine Frau und er hatten zwar zuvor schon viel geredet, doch das ordnete ich ihrer rheinländischen Mentalität zu.
Es war ein kühler Mai-Morgen. Lufttemperatur 12° Celsius. Dazu wehte ein kräftiger Wind um 4-5 aus West. Schauerböen. Aber es sollte trotzdem losgehen. Als Tagesetappe war der Yachthafen “Biesbosch” an der Maasmündung vorgesehen. Dazu mussten zunächst zwei Schleusen passiert werden. Die erste Schleuse war bei “Krammer” nach knapp 3 Std Fahrt erreicht. Nach kurzer Wartezeit wurde geschleust. Nach der Schleusung wollten wir weiterfahren - doch die Kühlwassertemperatur des Motors stieg plötzlich sehr hoch an. Auf über 100° . . . Schei...benkleister - also doch. Der Vorbesitzer hatte mir zwar empfohlen, demnächst den Impeller zu wechseln, da der schon zwei Jahre alt sei - aber er meinte, bis Bremen ginge es noch..
Doch, leider nur für drei Stunden Fahrt. Nun war Gott sei Dank ein Ersatzimpeller an Bord, Das hatte er schon auf Nachfrage von mir bestätigt. Trotzdem, hätte ich mal auf mich selber gehört, denn ich wollte den Impeller der Wasserpumpe vor Antritt der Fahrt gewechselt haben. Also machten wir an der Wartestelle hinter der Schleuse fest und wechselten den Impeller der Kühlwasserpumpe. Eine gute Stunde verplemmpert - und ein Grund mehr, sich nicht auf das “Gesabbel” des “linksrheinischen Schäls” zu verlassen. Ich war stinksauer!
Es war inzwischen 15 Uhr, bis wir weiterfahren konnten. Bis zur nächsten Schleuse, “Volkeraksluize” waren es nur noch 20 Km, dass sollte in zwei Stunden zu schaffen sein.
Das Berufsschiffsaufkommen war hier aber schon sehr mächtig. Wir waren auf der Seestraße von Antwerpen nach Rotterdam, wo auch “riesen Pötte” unterwegs waren. Kabbelieges Fahrwasser mit 1m See. - Ich fuhr nach der Karte meines Plotters auf eine der kleineren Schleuse zu. “Das ist falsch. Da wo Du hinfährst gehts nach Rotterdam. Wir müssen nach rechts, in die Maas. Ich kenn´mich da aus.”
Na denn. Ich hielt ich mich rechts im betonnten Fahrwasser und fuhr auf die großen Seeschleusen zu. Kann ja sein, dass da auch Sportboote geschleust würden. Ist im NOK ja nicht anders.
Es war ordentlich was los auf der Wasserstraße. Ob wir da wohl eine Chance hätten alsbald schleusen zu können? Funk war nicht an Bord. Das hatte “Schäl”, wie ich ihn ab jetzt für mich nannte, (wobei ich mich keinesfalls als “Tünnes” sehe) schon lange abgemeldet, “weil er es nicht gebraucht hätte” - ich vermute jedoch - und wie in Gesprächen später herauskam, dass er nie ein Sprechfunkzeugnisse besessen hatte.
Jedenfalls dirigierte er mich zu den großen Schleusenkammern. “Er wäre da früher schon mal durchgefahren . . .” Es war nirgens eine Steganlage, wo ein Sportboot hätte festmachen können, zu sehen - oder wo man sich zur Schleusung hätte anmelden können. Ich fuhr alle Anlegestellen ab, wo die “großen Pötte” anlegten - kein Platz für Sportboote. Nach einiger Zeit des Herumkurverns machte ich an der Außenseite des Schleusenleitwerks fest (eigentlich verboten) und schickte ”Schäl” zu dem Leitstand der Schleuse, damit er nachfragen könne, wann wir mit einer Schleusung rechnen können.
Nach einer halben Stunde kam er zurück. “Wir können hier gar nicht schleusen. Diese große Schleuse wäre nur für Seeschiffe”. Wir müssen ganz zurück und zur kleinen Schleuse. (Da hin, wo ich urspünglich hin wollte) Die Schleuse sei neu für Sportboote gebaut worden. Quatsch! Die ist vor 30 Jahre “neu” gebaut worden. “ER” hat das nur gesagt, um eine Erklärung für sein Unwissen - als “erfahrener Seefahrer” zu haben. - Welch ein Spinner.
Also zurück. “Wir müssen uns aber beeilen, Die schleust nur bis 20.00 Uhr”
Ja, wir haben es aber noch geschafft und konnten schleusen. Später stellte sich heraus, dass diese Schleuse nicht nur für Sportboote, sondern auch für die Berufsschifffahrt war und die ganze Nacht schleuste. Ich will ihm mal zugute halten, dass er zwar vorgab gut Holländisch sprechen und verstehen zu können - aber was wohl doch nicht so ganz der Fall zu sein schien.
Es fing schon zu dämmern an und ich wollte die Positionnleuchten einschalten - aber die funktionierten nicht . . . Dabei hatte “Schäl” mir versichert, dass er die Beleuchtung erst ganz neu angeschlossen hätte. Alles hätte funktioniert. ??? Wie kann das sein, denn bei der schnellen Kontrolle vor Ort stellte ich fest, dass das Achterlicht gar nicht vorhanden war. Das lag noch in der Schublade.
Ich kehrte also zur Schleuse zurück, um an den dortigen Steg fest zu machen und zu übernachten. Ich hatte gesehen, dass dort schon ein Sportboot lag. Nachdem wir fest waren fragte ich “Schäl”, ob wir bei der Schleuse nicht Bescheid geben müssten? “Nein, das ist nicht nötig.”
Ich reparierte noch am Abend die Beleuchtung und schloss auch das Achterlicht an. Trank mein wohlverdientes Feierabenbier und legte mich alsbald schlafen.
Volkeraksluizen
Am nächsten Morgen um 6.00 Uhr, wir waren gerade beim Frühstücken, ging ein Beamter der holländischen Wasserschutzpolizei an meinem Boot mit prüfendem Blick vorbei, blieb stehen, schaute aufs Kennzeichen, notierte es und ging weiter zum anderen Sportboot, welches wie wir am gleichen Steg festgemacht hatte.
Nach ca 10 Minuten kam der Wasserschutzpolizist zusammen mit dem Bootseigner des Sportbootes zurück - und ging in Richtung Schleusenbrücke. 30 Minuten vergingen, wir wollten gerade aufbrechen um weiter zu fahren, kam der Eigner des Bootes zurück. Es war auch ein Deutscher. Er machte ein ziemlich mürrisches Gesicht. Bei uns angekommen sprach er uns an. Schimpfte auf die holländische Wasserschutzpolizei. 250,00 Euro Strafe hätte er bezahlen müssen. Es sei verboten, an der Wartestelle zu übernachten. Die Steganlage sein ausschließlich für schleusende Boote vorgesehen. Der Polizist würde auch gleich zu uns kommen, wir sollten bloß warten, sonst würde es noch teurer. Wenn wir weiterfahren würden, würde man uns kostenpflichtig verfolgen und aufbringen. Da kämen dann wohl ein paar tausend Euro zusammen.
Na toll. Das hatte gerade noch gefehlt.
Tatsächlich kam der “Waterpolitie”, schlank, hochgewachsen und in schicker Uniform gekleidet, auf uns zu. “Guten Morgen, ... was machen Sie hier an diesem Anleger”? Begrüßte er uns in Deutsch mit holländischem Akzent. Ganz korrekt, höflich und sympatisch - so wie es sich für einen Beamten gehört. “Wir haben hier übernachtet, weil wir einen Schaden hatten und nicht weiterfahren konnten.” antwortete ich. “Das ist verboten, hier zu schlafen.” Ja, das wussten wir ja inzwischen. “Wir konnten nicht weiterfahren. Der Impeller war kaputt. Das Kühlwasser kochte. Wir hatten schon abgelegt und wollten weiter, als der Schaden auftrat und sind dann mit letzter Kraft langsam wieder zurückgekehrt.” - Was ja auch stimmte - nur die Ursache war eine andere. - “Das soll ich ihnen glauben”? . . . “Ja, bitte.” Antwortete ich höflich. Dabei zeigte ich ihm den alten Impeller, den ich aufgehoben hatte. Er machte trotzdem ein reserviertes Gesicht. Bestätigte aber, dass er wüsste, dass wir zurückgekehrt seien (woher, hat er nicht gesagt) und dass er mir mal glauben wolle, weil ich so ein ehrliches Gesicht hätte.
Nachdem er noch ein paar Bemerkungen über unser Fehlverhalten gemacht hatte, wünschte er eine gute Weiterfahrt und eine glückliche Ankunft in Bremen.
Na, das war ja noch mal gut gegangen. Ich hatte schon befürchtet, ein paar “Taler” berappen zu müssen. Das die nicht funktionierende Beleuchtung der Grund für unsere Umkehr gewesen war, hatte ich lieber nicht erzählt. Wie wichtig es ist, immer ein defektes Teil an Bord zu haben, um eine “Panne” belegen zu können, wurde durch dieses Ereignis wieder einmal bestätigt.
Waterpolitie
Nachdem wir zu Ende gefrühstückt hatten, ging es gegen 8.00 Uhr weiter. Wir waren jetzt auf “Hollands Diep” und fuhren in Richtung Ost - Dordrecht und wollten so weit wie möglich die Maas hoch. Die verlorene Zeit nach Möglichkeit aufholen. Das Wetter war immer noch nicht berauschend, ziemlich kühl, 14° und regnerisch. Der Wind hatte etwas nachgelassen, nachdem wir am Vortage ziemlich durchgerüttelt wurden. So fuhren wir ca eine Stunde, als ich plötzlich bemerkte, dass der Motor nicht mehr die volle Drehzahl hatte. Er wurde immer langsamer. Ich ahnte, was kommen würde:
Die rauhe See am Vortage hatte uns ziemlich herumgeschüttelt. Bei See von 1 - 1,5 Meter war es mitunter heftig her gegangen. Als ich einmal Kurs bedingt, die Wellen von der Seite hatte, hat das Boot sehr stark “gerollt”. Das Boot hatte ja sehr lange still gelegen. War nur ab und an bewegt worden. Da war es nicht ausgeblieben, dass sich im Treibstofftank viel Schlamm abgesetzt hatte. Damit hatte “Schäl” auch vorher schon zu kämpfen gehabt. Aus diesem Grund hatte er einen 30 l - Kanister in den Motorraum gestellt und diesen als “Tagestank” für seine kleineren Fahrten auf dem Grevelinger Meer benutzt. Davon hatte er mir erzählt, meinte aber, dass für die Überführungsfahrt der große Tank mit noch ca 500 l Diesel schon noch gehen würde, weil das Boot lange Zeit still gelegen hatte und sich der Schlamm am Grunde des Tanks abgesetzt hätte. Wenn es dennoch zu Verstopfung kommen würde, wären die Filter schnell gewechselt. Er hätte ein paar “Spezialfilter” eingebaut.
Wie schon erwähnt - “Schäl” hat viel geredet. Das das meiste “dumm Tüch” war, wurde mir immer mehr bewusst.
So kam denn was kommen musste: Der Motor blieb stehen, weil er kein Sprit mehr bekam. Eines der “Spezialfilter” war verstopft. “Kein Problem . . “ und tatsächlich kam “Schäl” schon nach zwei Minuten aus dem Motorraum mit dem “Spezialfilter” in der Hand. Ich war derweil auf dem Steuerstand des Oberdecks geblieben. Mein Erstaunen war jedoch groß, als ich des “Spezialfilters” ansichtig wurde. Das war kein Filter, sondern ein grobes Sieb. Ca 10 cm lang mit einem Durchmesser von 4 cm. So etwas benutzte man allenfalls als grobes Sieb vor den eigentlichen Filtern. Ein “Diesel-Filter” im herkömmlichen Sinne war gar nicht vorhanden. Als Feinfilter folgte nach dem Sieb nur noch der letzte Filter vor der Einspritzpumpe, der als absoluter Feinfilter mit einem Filzeinsatz fungiert und allerfeinste Schmutzpartikel zurück hält.
Auf unsere Frage, was er denn für das Abschleppen bekäme, sagte er uns mit einem Lächeln “Nix”. Ihr werdet noch Geld genug bei der Reparatur “betaalen möten.” Wir bedankten uns herzlich für seine Hilfe - und “Schäl” hielt ihm einen 50,00 - € Schein entgegen, den er nach einigem Zögern auf unser Drängen dann doch einsteckte.
Nun waren wir zwar in einem sicheren und auch gepflegtem Hafen gelandet, in dem auch eine kleine Werft angesiedelt war, doch die konnte uns bei dem geschilderten Problem nicht helfen. Wir hatten zunächst bei der Werft festgemacht, wurden dann jedoch vom einem Mitarbeiter der Werft zu dem zugewiesenen Liegeplatz der Marina geschleppt. Natürlich gegen Honorar. Für den 30 Meter Schleppweg, mit einem kleinen Ruderboot mit Außenborder, verlangte der Werftinhaber 100,00 €. Hä? Ja wirklich. (Das hatte der nette Holländer, der uns aus der Maas in den Hafen geschleppt hatte wohl damit gemeint “Ji möten noch genog betalen.”
“Schäl” hat denn auch bezahlt. Es war ja auch seine Schuld - auch wenn er es nicht zugeben wollte. “Dat kann nich sein.”
Auch bestritt er vehement, dass der Anlassermotor durchgebrannt sein könne. “Dat muss der aushalten.” Nein, hat er aber nicht. Durch die wiederholten Anlassversuche ohne ausreichende Abkühlpausen, war der Anlasser so heiß geworden, dass der Kupferlack der Isolierung des Läufers geschmolzen war. “Dat kann nich sein.”
Diese penetrante Besserwisserei von dem “Schäl” ließ mich denn auch resignieren und ich ließ ihn gewähren. Den ganzen nächsten Tag verbrachte er in der Maschine, um zunächst alle elektrischen Leitungen zu überprüfen. Er meinte dann auch, eine Ursache gefunden zu haben: Eine Minusleitung war mit zwei Ringösen durch eine Schraube miteinander verbunden. Die Ringösen waren etwas oxidiert. “Siehste, dat kann ja auch nicht funktionieren.” . . . Das war aber nicht die Ursache. Er “fummelte” weiter. Erst als ich am späten Nachmittag des Tages sagte: “Weißt du was, ich trete vom Kaufvertrag zurück. Du kannst dein Boot behalten. Es ist nicht wie vertraglich festgelegt in einem einwandfreiem Zustand.” Kam Bewegung in den still vor sich hermurmelnden “Schäl”. “Ich bau jetzt noch den Anlasser aus und hole Morgen einen Monteur.”
Die “Schadensstelle”
der ausgebaute, festsitzende Anlasser.
Nachdem “Schäl” dann endlich den Anlasser ausgebaut hatte, musste er feststellen, dass meine Diagnose richtig gewesen war. Der Anlasser saß fest. Die Hitze hatten den Isolierlack der Kupferwicklung geschmolzen und war ins Innere des Läufers gelaufen. Dabei hat er dann den Läufer festgesetzt. Nichts ging mehr. Wie auf dem Bild zu sehen, ist der Anlasser im ausgefahrenem Zustand - also wärend er in Betrieb war - stehen geblieben. Er ließ sich nicht mehr bewegen. Trotzdem versuchte “Schäl” es immer wieder, den Anlasser in Bewegung zu setzen. “Dat kann nich sein.”
Erst nach meiner Erklärung, wie es zu dem Zustand gekommen ist, ließ er sich davon überzeugen, dass ich wohl doch Recht haben könnte. Ich habe schließlich einmal diesen Beruf erlernt, was “Schäl” jedoch nicht daran hinderte, weiterhin darauf zu bestehen, dass ”seine Methode” die richtige sei, Probleme anzugehen.
Was soll man da machen? Bei soviel “Rechthaberei” lässt man die Leute am besten gewähren. “Wenn das Boot bis spätesten Morgen nicht wieder in Ordnung ist, reise ich ab.”
“Schäl” wurde dann “kreativ-aktiv”. Setzte sich mit einem Arbeitskollegen in Verbindung, der einen neuen Anlasser besorgen und auch mindestens zehn 30-l Kanister mit Diesel mitbringen solle, denn aus dem verschlickten Haupttank ist eine Weiterfahrt unmöglich, da die “Filter” laufend verstopfen würden. Man müsse dann den “Tagestank” benutzen und entsprechend nachfüllen. Das bedeutete, spätestens nach drei Stunden Fahrt müsse nachgetankt werden.
Am nächsten Tag kam dann auch der Kollege zusammen mit “Schäls” Frau und den gewünschte Utensilien an. Jetzt hatten sich die zwei Plappertaschen wieder gefunden. “Schäl” und seine Frau redeten und redeten, was alles passiert sei - und was alles noch hätte passieren können. In einem fort - Geplapper. Dabei ergänzten sie sich geschickt, erzählten, was ihnen alles auf dem “Kanal de Midi”, auf ihrer Frankreich-Tour passiert wäre. Dass sie einen netten Fliegerkapitän kennengelernt hätten - und was sonst noch alles. Es war unerträglich. Auch der Arbeitkollegen von “Schäl”, mit dem ich mich sofort verstand, da er aus der gleichen Sparte wie ich kam, verdrehte immer wieder die Augen ob des Gesabbels seiner Bekannten. Er kannte die beiden - und war ein geduldiger Mensch. - Ja, der Anlasser, den er mitgebracht hatte sah neu aus. War auch als 12 Volt-Anlasser gekennzeichnet, doch es war ein 24 Volt-Anlasser.
Das der Ersatz-Anlasser der falsche war, wurde nach Einbau festgestellt. Er drehte so langsam und kraftlos, dass der Motor nicht ansprang. Was nun? Bei dem Marina-Betreiber nach einem geeigneten Monteur fragen, der das Schiff reparieren könne. Es gab solch einen. Der wolle am nächsten Tag kommen und sich den Schaden ansehen.
In der Zwischenzeit haben wir dann den Motor gründlich inspiziert. Den Feinfiltereinsatz durch einen neuen ersetzt, welcher als Ersatzteil noch an Bord war - und auch den “Vorfilter” noch einmal gründlich gesäubert
Tatsächlich kam dann am nächsten Tag der Monteur. Probierte ein wenig herum - und meinte, die verlegten Stromkabel seien im Querschnitt zu niedrig bemessen. Der Anlasser bekäme zu wenig Strom und könne deswegen nicht richtig durchdrehen. Er müsse neue, dickere Stromkabel zum Anlasser legen, dann würde das Problem beseitigt sein. Die Kabel müsse er aber erst besorgen. Die hätte er nicht dabei.
Also noch ein Tag. - Er kam auch am nächsten Tag wieder. Verlegte die neuen Kabel, startete den Anlasser - und es passierte das Gleiche wie zuvor: Der Motor drehte nicht richtig durch. Er sprang nicht an. - Also doch wie ich gesagt habe, der falsche Anlasser. “Das ist ein 24 Volt-Anlasser” - war nur noch mein Kommentar. Es war mir beinahe schon peinlich, dass ich wieder einmal Recht hatte.
So, jetzt aber mal zur Sache: Der Monteur kümmert sich um die Besorgung eines “neuen Startermotors” - wie die Holländer sagen. Der müsse erst noch besorgt werden. Im Austausch. Kein Problem - aber dauert eine Woche. . . . Was hilft es - es musste ja sein.
So bezahlte “Schäl” dann die Liegegebühr für zunächst eine Woche im Voraus und hinterließen für den Monteur den Schlüssel und Telefonnummern, die er nach Fertigstellung der Reparatur anrufen solle. - Wir packten unsere persönlichen Sachen - und fuhren alle zusammen zurück nach Deutschland, Niederkrüchten, wo wir gegen 18.00 Uhr eintrafen. Ich wollte mit dem Zug nach Bremen weiterfahren. Meine alte Lioba war verkauft - und sollte in den nächsten Tagen an den neuen Besitzer übergeben werden. Ursprünglich war geplant, dass ich zu dem Zeitpungt bereits wieder in Bremen war - zusammen mit dem neuen Boot. Daraus wurde ja nun nichts.
Von Mönchengladbach nach Dortmund kein Problem. Der Zug fuhr schon 5 Minuten nach meiner Ankunft im Bahnhof ab. Um 21.00 Uhr war ich in Dortmund. - Doch der nächste Zug nach Bremen fuhr erst in der Nacht um 2.30 Uhr ab. 5 1/2 Std Wartezeit. Na denn . . . Auch diese Zeit ging vorbei. Der Zug kam, ich stieg mit meinem Gepäck ein - und fand keinen Sitzplatz. Der Zug war proppevoll. Es war ein Fernzug mit vielen Reisenden, die schon auf den Gängen standen oder auf ihrem Gepäck saßen. Das kann ja lustig werden.- Ich suchte weiter - aber nur in der ersten Klasse waren noch ein paar Sitzplätze frei. Notgedrungen nahm ich dort Platz. Als die Zugebegleiterin nach den Fahrkarten schaute, löste ich nach. 60,00 € - aber ich hatte einen Sitzplatz.
Wärend der Fahrt nach Bremen stellte ich fest, dass ich mein Schlüsselbund mit all meinen Schlüsseln im Boot zurückgelassen hatte. Wie soll ich wohl ins Haus kommen? . . . Bis Münster gab es keine weiteren Zwischenfälle. Doch in Münster stieg die Zugbegleiterin aus, die bisher immer im gleichen Abteil wie ich mitgefahren war - und stellte die Heizung ab. Sie hatte Feierabend. Warum die Heizung abgestellt wurde, kann ich nicht sagen - jedenfalls wurde es unerträglich kalt im Abteil. Bis Osnabrück fror ich erbärmlich - wohl auch die Müdigkeit trug ihren Teil dazu bei. In Osnabrück stieg eine neue Zugbegleiterin ein und stellte die Heizung wieder an. Doch schon am nächsten Halt - “Vechta”? - , stieg sie wieder aus. Jetzt war ich nur noch mit zwei weiteren Fahrgästen im Abteil. Die Stationsansage war auch eingestellt worden. Ich wusste nicht mehr, wo ich mich befand. Der Zug sollte bis Hamburg-Altona über Bremen fahren. Ich musste also aufpassen, wo ich mich befand. An Schlaf war nicht zu denken - sonst wäre ich vielleicht erst in Hamburg wieder aufgewacht. Es fing an zu dämmern. Die Landschaft war zu sehen - und als der Zug über die Weser bei Dreyhe fuhr, wusste ich, dass ich bald aussteigen müsste.
Um kurz nach 6.00 Uhr war ich in Bremen. Es war Sonnabend. Ich hatte noch im Zug meinen Sohn telefonisch erreicht, der über einen Ersatzschlüssel zu meinem Haus verfügt. Mit ihm war ich überein gekommen, den Schlüssel an einem versteckten Ort zu deponieren. So konnte ich dann ins Haus gelangen. Um 7.00 Uhr war ich Zuhause. Legte mich ins Bett und schlief 24 Std in einem Rutsch durch.
In Sorge darüber, dass ich meinem bisher für das Boot gezahlten Betrag bei Rücktritt vom Kauf hätte hinterherlaufen müssen, habe ich beschlossen, das Boot doch abzunehmen, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt werden. Das die Reparatur des “Startermotors” vom vorherigen Eigner bezahlt werden müsse, war selbstverständlich auch Voraussetzung.
Das Boot war ja nicht schlecht. Der Motor machte einen sehr zuverlässigen Eindruck - es war nur die Art Weise, wie der “Schäl” damit umgegangen ist.
Es war jetzt mein Boot - und ich bestimme, wie es weitergeht. Als erstes würde ich eine Weiterfahrt mit dem “Schäl” an Bord unterbinden. Zu verschieden waren unsere Mentalitäten und Auffassungen vom Betreiben eines Bootes. “Seine Methode” war nun einmal gar nicht die meine!
Die vorhandene Filteranlage war überhaupt nicht weiter tragbar. Die “Siebe” mussten ´raus. Sie waren auch der Grund dafür, dass sich der Feinfilter total zugesetzt hatte. Die verhältnismäßig groben Siebe haben nämlich immer noch genügend Schmutzpartikel durchgelassen, die dann jedoch den Feinfilter, der wirklich nur in ganz seltenen Fällen gereinigt, bzw. ausgetauscht werden muss, total verstopft hatten. Eine dicke Schmutzschicht hatte sich an dem Filter angesammelt. Da ging überhaupt kein Treibstoff hindurch. Der Haupttank war deswegen nicht mehr brauchbar, bevor er nicht gründlich gereinigt wurde. Das konnte aber erst im Heimathafen Bremen gemacht werden. Bis dahin mussten mit dem “Tagestank” vorlieb genommen werden. Bis dahin ist aber noch eine Menge zu tun. Erst mal musste das Boot nach Bremen kommen.
Nach diesen Überlegungen war erst mal eine neue Filteranlage notwendig. Mir schwebte da die gleiche Anlage vor, wie ich sie schon in der alten Lioba verwendet hatte.
“Schäl” spülte das Sieb in einer Getränkeflasche mit Benzin aus. Diese Utensilien befanden sich in einer Backskiste an Bord. Nach ca 5 Minuten konnte die Fahrt fortgesetzt werden. Der Motor sprang auch nach kurzer Anlasserzeit an. Lief zunächst noch etwas Unrund, doch das gab sich nach kurzer Zeit. Eine Stunde Fahrt. Das gleiche wieder. Motor aus, Filter waschen. Einbau weiter. Eine Stunde Fahrt. Motor aus, Filter waschen . . . aber jetzt ging nichts mehr. Ich warf sofort Anker. Da lagen wir nun in der “Bergsche Maas.” Der Motor sprang nicht wieder an. Wieder und wieder startete “Schäl”. Zu viel, zu oft, zu lange. “Mensch hör auf. Der Anlasser brennt noch durch.” Schimpfte ich. “Schäl” wusste es besser. Wieder und wieder startete er . . . Dann war Ruhe. Der Anlasser drehte nicht mehr. Was ich voraus gesehen hatte, war offensichtlich eingetroffen. Meine Vermutung wurde später auch bestätigt. Der Anlasser war hin.
Oh Mann! Ich hätte den “Schäl” am liebsten . . . . . .
Als sich ein paar Sportboote näherten, stand ich auf dem Vordeck und schwenkte meine ausgestreckten Arme über Kopf hin und her. Das Zeichen für in Not geratene Schiffe. Doch wie es auch immer häufiger in Deutschland zu bemerken ist - nehmen Holländer sich da nicht aus - ja, ich habe den Eindruck, die kümmern sich noch weniger um andere.
Nach fast einer Stunde ständigen Winkens bei Annäherung von Booten, die geignet gewesen wären, uns in Schlepp zu nehmen, kam ein Kommunal-Fahrzeug aus einem Seitenarm, sah unser Winken und nahm Kurs auf uns zu. Gott sei Dank. “Schäl” erzählte dem Holländer, was anlag und fragte, ob er uns in den nächsten Hafen schleppen könne. Der freundliche Skipper des Kommunalfahrzeugs war auch bereit, uns abzuschleppen. Wir machten mit einer langen Leine fest - und ab ging die Fahrt. Der Holländer gab richtig Gas und schleppte uns fast eine Stunde in den nächsten Sportboothafen. “Vissershang”. Nach einiger Mühe fanden wir auch einen geeigneten Liegeplatz.
Im Internet versuchte ich auf die schnelle zwei komplett-Delphi-Filter nebst Zubehör zu bekommen, Leider waren die Lieferzeiten zu lang. Ich musste deshalb erst einmal einen Filter vor Ort kaufen, der das doppelte von den gleichen Filtern, die es im Internet gab, kosteten. Doch damit war mir erst einmal geholfen. Zwei Ersatzpatronen kaufte ich auch gleich mit.
Nach einer Woche rief mich der Monteur aus Holland an und teilte mir mit, dass das Boot fertig repariert sei. Der neue Anlasser Motor funktioniere - und der Bootsmotor springe sofort an. Alles wäre O.K.
Mit allerlei wichtigen Gegenständen - wie Werkzeuge und Ersatzteile, Schellen, Elektromaterial und Nahrungsmittel beladen, fuhr mich mein Cousin nach “Vissershang”, wo wir gegen 14.00 Uhr des Tages eintrafen. Kurz nachdem wir die mitgebrachten Utensilien verladen hatten, erschien auch wie verabredet der Monteur. Die Rechnung für den “Starter-Motor”, die unnütz verlegten Kabel, die allein schon mit 210,00 € ohne MWSt, zu Buche schlugen und über die Reparaturarbeiten hatte er dabei. Ein teurer Spaß. Das Geld würde ich natürlich von 10.000,00 € Kaution einbehalten. Eventuell auch mehr, wenn sich noch mehr Schäden einstellen würden.
Morgen wollte ich alleine in Richtung Heimat weiterfahren. Ohne “Schäl”. Das hatte ich mir fest vorgenommen.
Nachdem mein Cousin sich das Boot angeschaut hatte, saßen wir gemütlich auf dem Achterdeck und waren ein bischen “am Klönen”, als plötzlich die Familie “Schäl” auftauchte. - Ach du je . . . . Ich verabschiedete meinen Cousin, der noch am selben Tage nach Bremen zurück wollte. Begrüßte die beiden “Schäls” und eröffnete ihnen gleich, dass ich morgen alleine weiterfahre. Sie könnten aber natürlich noch an Bord eine Nacht verbringen. Am gleichen Tage zurück nach Niederkrüchten scheuchen wollte ich sie dann doch nicht. Allerdings müssten sie in der Gästekabine übernachten, da ich die Achterkajüte inzwischen für mich eingerichtet hätte.
Liegeplatz Vissershang
Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück packten Frau und Herr “Schäl” ihre persönlichen Sachen, die sich noch an Bord befunden hatten, und fuhren ab. Welch eine Ruhe und Wohltat. Endlich allein auf meinem Schiff. Den restlichen Weg von ca 400 Km würde ich sicher alleine schaffen. - ich bin ja kein kleiner Dummer . . . und konnte mich auf meine jahrzehnte Jahre alte Wassersporterfahrung verlassen.
Mit dem Bordfahrad fuhr ich dann am Nachmittag in das kleine, etwa 3 km entfernt liegende Dorf - oder war es eine kleine Stadt? - “Hank” - um noch ein paar Einkäufe zu tätigen. Schwer bepackt und mit vollem Rucksack kehrte ich an Bord zurück und verstaute das Eingekaufte. - Am nächsten Vormittag sollte es dann weitergehen. So weit wie möglich die Maas Flussaufwärts - möglichst bis zur Mündung des “Maas-Kanals”, der die Maas mit dem “Waal” - wie der Rhein in Holland heißt, verbindet. In der Nähe, ein Stück die Maas weiter flussaufwärts ist eine Marina, wo ich ein paar Tage bleiben wollte.
Den mitgebrachten neuen Dieselfilter hatte ich noch nicht eingebaut. Ich hatte beschlossen, den Rest des Weges mit dem sauberen Diesel aus dem “Tagestank” zurück zu legen. Das erschien mir sicherer - auch wenn ich alle 2 - 3 Stunden Treibstoff umfüllen müsste.
Supermarkt in Hank
Kerkstraat
Es war so weit. Mit 10 Kanister a´ 30 Liter Diesel auf dem Achterdeck, vollem Tagestank, gefülltem Getränkekühlschrank ging es von “Vissershang” bei Km 252 auf die Maas Richtung Flussaufwärts. Alles klappte. Bei Flusskilometer 247,2 passiert ich die Autobahnbrücke, über die ich bei meinem Aufenthalt in Visserhang ein paar Mal passiert hatte. Der Motor schnurrte vor sich hin - und das Wetter spielte auch mit. Die Lufttemperatur betrug 18° und es war nahezu Windstill. Kilometer über Kilometer ging es die Maas hinauf.
Nach 2 1/2 Std Fahrt - ca 30 Km, ich hatte gerade dir Brücke bei “Crévecoeur” passiert, bemerkte ich am linken Flussufer eine seichte Bucht, in die ich hinein fahren konnte. Mit dem Bug an Land und leichtem Druck des sich weiterhin drehenden Propellers, blieb das Boot am Ufer. Hier konnte ich in Ruhe den Tagestank wieder auffüllen, der nur noch ca 10 Liter Diesel enthielt. Also braucht das Boot ca 8 Liter Treibstoff die Stunde.
Jetzt noch 20 Km bis zur Schleuse “Prinses Maxima”.
Es ging flott voran. So muss es sein. Die Fließgeschwindigkeit der Maas beträgt hier nur ca 3 Kmh Die Geschwindigkeit des Bootes bei 1500 Upm betrug nach dem GPS-Gerät 13 Kmh - und das gegen den Strom.
Nach einer guten Stunde tauchte die Schleuse auf. Ein Sportboot lag schon im Vorhafen. Ich legte an der Wartestelle an. Das erste Mal ganz allein. An Backbordseite, die nicht meine bevorzugte Anlegeseite ist - doch alles ging gut. An der Sprechfunksäule meldete ich mich auf Deutsch mit meinen Namen, entschuldigte mich, dass ich kein Holländisch spreche, gab meine Bootsdaten und meinen Ziel an - und bekam freundlich die Antwort, dass ich bei grün nach dem dort wartenden Sportboot einfahren könne.
Wunderbar, wie das klappte
Begegnung auf der Maas